Reisevertrag

Reisevertrag
Reisevertrag,
 
Vertrag, durch den sich ein Reiseveranstalter verpflichtet, eine Reise zu organisieren und in eigener Verantwortung dem Reisenden gegenüber eine Gesamtheit von Reiseleistungen zu einem einheitlichen Preis zu erbringen. Das Reisevertragsrecht, das Bestimmungen zum Schutz des Verbrauchers enthält, von denen nicht zum Nachteil des Reisenden abgewichen werden kann, ist in den §§ 651 a bis 651 l BGB (zum 1. 11. 1994 an die EG-Richtlinie über Pauschalreisen angepasst) geregelt. Um das Reisevertragsrecht zur Anwendung zu bringen, genügen bereits zwei zusammengefasste Leistungen (z. B. Beförderung und Unterkunft); nach der Rechtsprechung fallen jedoch auch touristische Einzelleistungen einer Urlaubsreise unter das Reisevertragsrecht, wenn sie gewerblich von einem Reiseunternehmen in eigener Verantwortung angeboten werden. Vertragspartner des Reisenden ist der »Reiseveranstalter«, und zwar auch dann, wenn er sich zur Erfüllung der zugesagten Leistungen anderer »Leistungsträger« (z. B. Hotels, Fluglinien) bedient. Die Erklärung, den Reisevertrag nur zu vermitteln, bleibt unberücksichtigt, wenn der Veranstalter die Leistungen den Umständen nach offensichtlich in eigener Verantwortung erbringt.
 
Der Reiseveranstalter kann den vereinbarten Reisepreis nur dann nachträglich ändern, wenn dies mit genauen Angaben zur Berechnung des neuen Preises im Vertrag vorgesehen ist und aufgrund erhöhter Beförderungskosten, Abgaben (wie Hafen- oder Flughafengebühren) oder durch Wechselkursschwankungen nötig wird. Bei einer Erhöhung über 5 % oder der erheblichen Änderung einer wesentlichen Reiseleistung hat der Reisende ein (kostenloses) Rücktrittsrecht. Der Reiseveranstalter hat des Weiteren den Nachweis zu erbringen, dass im Falle seiner Zahlungsunfähigkeit oder eines Konkurses die von den Reisenden gezahlten Beträge und die Rückreise sichergestellt sind (durch Abschluss einer Versicherung oder Bankbürgschaft). Dazu muss der »Sicherungsschein«, der auch auf der Reisebestätigung aufgedruckt sein kann, übergeben werden. Ohne Sicherungsschein darf der Veranstalter vor Beendigung der Reise Vorauszahlungen auf den Reisepreis, die über 10 % des Reisepreises oder 500 DM hinausgehen, weder fordern noch annehmen. Ausnahmen bestehen lediglich für Gelegenheitsveranstalter, durch juristische Personen öffentlichen Rechts organisierte Reisen sowie unter bestimmten Voraussetzungen bei Kurzreisen (nicht länger als 24 Stunden).
 
Ist die Reiseleistung fehlerhaft, kann der Reisende Abhilfe verlangen oder nach Anzeige des Mangels den Reisepreis mindern. Hat der Mangel eine erhebliche Beeinträchtigung der Reise zur Folge oder wird dadurch ihre Durchführung für den Reisenden aus einem wichtigen, dem Reiseveranstalter erkennbaren Grund unzumutbar, kann der Reisende den Vertrag kündigen, wenn der Reiseveranstalter eine ihm zuvor gesetzte, angemessene Frist zur Beseitigung des Mangels ergebnislos hat verstreichen lassen. Ausnahmsweise kann die Fristsetzung entbehrlich sein. Hat der Reiseveranstalter den Mangel zu vertreten, steht dem Reisenden zusätzlich ein Schadensersatzanspruch zu, der unter Umständen auch eine Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit umfasst. Sämtliche Gewährleistungsansprüche sind jedoch ausgeschlossen, wenn der Reisende sie nicht innerhalb eines Monats nach der vertraglich vorgesehenen Beendigung der Reise gegenüber dem Reiseveranstalter geltend macht, es sei denn, er war ohne sein Verschulden an der Einhaltung der Frist verhindert.
 
Vor Reisebeginn kann der Reisende jederzeit vom Reisevertrag zurücktreten, in der Regel allerdings nur gegen eine angemessene Entschädigung, deren Pauschalierung in einem Prozentsatz vom Reisepreis vereinbart werden kann. In Fällen nichtvoraussehbarer höherer Gewalt (z. B. Krieg oder Naturkatastrophe im Reiseland) können beide Seiten den Reisevertrag kündigen.
 
 
E. Pick: Reiserecht (1995);
 B. Seyderhelm: Reiserecht. Komm. (1997).

Universal-Lexikon. 2012.

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